Seit den 1990er-Jahren erfahren multinationale Unternehmen sowohl in der öffentlichen Wahrnehmung als auch im (politik-)wissenschaftlichen Diskurs mehr Aufmerksamkeit. Dabei versteht vor allem die Global Governance-Forschung im Bewusstsein neuer Erwartungen an und stärkerem Engagement von Unternehmen diese zunehmend als politische Akteure und betont, oftmals normativ motiviert, das Potenzial und den Mehrwert, der in einer stärkeren Integration von Unternehmen in Strukturen des globalen Regierens liegt. Die hier angelegte Debatte um die Rolle und Verantwortlichkeit multinationaler Unternehmen sowie die Art und Weise, wie das Phänomen wissenschaftlich aufgearbeitet und diskutiert wird, markieren die inhaltlichen Ausgangspunkte dieser in der pragmatistischen Tradition begründeten Rekonstruktion. Dabei wird im Anschluss an die Auseinandersetzung mit Unternehmen als wirtschaftliche, rechtliche, historische und politische Akteure ein eigener Akteursbegriff entwickelt, der es erlaubt, von Unternehmen selbst artikulierte Bedeutungen und Grundüberzeugungen als Ausdruck sozialer, kreativer und letztlich kontingenter Handlungen zu rekonstruieren. Mithilfe dieser Perspektive werden jene Bedeutungen und Überzeugungen von Shell in Nigeria und ExxonMobil in Indonesien illustriert, welche in Reaktion auf Krisen die Rolle des jeweiligen Unternehmens definieren und in ihrer Gesamtschau implizieren, dass zumindest Shell und ExxonMobil nicht vorschnell als global governors und nachhaltig integriert in Strukturen globalen Regierens (miss-)verstanden werden sollten.
englischSince the 1990s, multinational enterprises have received significantly more attention both academically and in public discourse. In particular, global governance has framed and discussed these actors in terms of their potential to close governance gaps and provide public services. The debates surrounding their role and responsibilities as well as how different disciplines engage with these actors and thereby ascribe meaning to them constitutes the twofold point of departure for this study. Following a detailed reconstruction of how different disciplines conceptualise enterprises as economic, legal, historical and political actors, the book, by drawing on American Pragmatism in particular, develops an actor image that allows us to consider enterprises in terms of their social, creative and ultimately contingent acts of interpretation and designation of social expectations. This perspective is illustrated in two case studies by reconstructing documents from Shell in Nigeria and ExxonMobil in Indonesia in terms of the meanings and selfunderstanding both enterprises advance in these contexts in response to crises. Based on these illustrations, the notion of viewing Shell and ExxonMobil as meaningfully integrated into structures of global governance and thereby understanding them as global governors is questioned.