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Hennig

"Conscientia" bei Descartes

Karl Alber,  2006, 320 Pages

ISBN 978-3-495-48191-2


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The work is part of the series Symposion (Volume 127)
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Das Lateinische »conscientia« kann mit »Bewusstsein« oder mit »Gewissen« übersetzt werden. Descartes scheint damit stets Ersteres zu meinen. Obwohl es in der cartesischen Metaphysik an zentraler Stelle steht, sagt er aber nirgends ausdrücklich, wie das Wort zu verstehen ist. Auch aus der Art und Weise, in der er das Wort verwendet, lässt sich dessen Bedeutung nicht wirklich klären. Insbesondere handelt es sich nicht um einen reflexiven Denkakt (cogitatio), nicht um eine Disposition zum Haben solcher cogitationes und nicht um eine Art Aufmerksamkeit. Es ist also anzunehmen, dass Descartes den Begriff in einer Bedeutung gebraucht, die seinen zeitgenössischen Lesern ohne weiteres geläufig war. Um diese Bedeutung zu ermitteln, muss auf klassische Texte von Augustinus, Thomas von Aquin und jesuitischen Autoren zurückgegriffen werden. Die Untersuchung dieser Texte ergibt, dass man unter der conscientia traditionell ein Wissen um den moralischen Wert einer Handlung verstand, das der Handelnde mit einem idealen Beobachter (d. i. Gott) teilt. Diese Begriffsbestimmung lässt sich mehr oder weniger analog auf Descartes übertragen. Die cartesische conscientia ist demnach ein Wissen um den spezifischen Wert eines Gedanken, das der Denker mit einem idealen Beobachter teilt. Es folgt, dass die cartesische conscientia nicht ein nach innen gerichtetes Empfinden ist. Es geht hier nicht um einen privaten und unbeirrbaren Zugang zu den Inhalten des eigenen Geistes. Vielmehr ist auch die cartesische conscientia ein prinzipiell öffentliches, da stets mit Gott geteiltes und durch Gott korrigierbares Wissen um die Bedeutung der eigenen Gedanken und Handlungen. In diesem Sinne ist die cartesische conscientia ein »Gewissen«.
Mit einem Vorwort von Pirmin Stekeler-Weithofer.