Gerdes
Spracherwerb und neuronale Netze
ISBN 978-3-8288-9668-0
›Leben ist Lernen.‹ Das wissen wir heute. Begriffe wie ›Entwicklung‹, ›Konstitution‹, ›Konstruktion‹, ›Selbstorganisation‹ sind längst Leitmotive sowohl der wissenschaftlichen Theoriebildung als auch des Common-Sense-Menschenbildes. Entscheidende Wegstrecken zum heutigen Stand der Dinge wurden auf dem Terrain der Kognitionswissenschaften zurückgelegt – auf der Suche nach einer Theorie, die der schlafwandlerischen Sicherheit des kindlichen Erstspracherwerbs überzeugend Rechnung trägt. Programmatisch war hier: die Wende von behavioristischen oder strukturalistischen Verengungen zu systemtheoretischen Modellen von Lernprozessen im Sinne von Konstruktionsprozessen. Adele Gerdes beleuchtet die entscheidende Phase dieser Wende: den Spracherwerbsdiskurs der 1980er/1990er Jahre. Sie stellt die nachhaltig einflussreichen ›Modelle des Geistes‹ vor: die ersten Rekonstruktionen bedeutsamer Facetten des kindlichen Erstspracherwerbs und zeichnet den entscheidenden interdisziplinären Diskurs nach. Zentrale Erkenntnis dieses Diskurses: 'Spracherwerb ist als Lernprozess denk- und simulierbar, als Lernprozess im Sinne der Selbstorganisation eines dynamischen Systems.' Oder, praktisch gewendet: 'Kinder brauchen keine Regeln, sondern Beispiele.'