Bayerisches Medienrecht mit MStV und JMStV

Die angekündigte BayMG-Novelle ist am 1.4.2022 in Kraft getreten. Noch im selben Monat erschien ein Überblick über die damit verbundenen Änderungen von Bornemann in ZUM 2022, 248. Am 19.7.2022 hat die Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) eine Mitteilung mit dem Titel "Verhältnis der abschließenden Beurteilung von Fragestellungen der Sicherung von Meinungsvielfalt durch die KEK zu landesrechtlichen Regelungen zur Sicherung der Meinungs- und Informationsvielfalt" beschlossen. Darauf hat Bornemann in ZUM 2022, 695 erwidert.

Am 30.6.2022 ist der Zweite Medienänderungsstaatsvertrag in Kraft getreten, der sowohl den MStV als auch den JMStV geändert hat (https://www.verkuendung-bayern.de/gvbl/2022-313/).

Neben Einzeländerungen hat der MStV eine Erweiterung um einen ganzen Unterabschnitt mit fünf neuen Vorschriften (§§ 99a–99e) erhalten, die nach der Übergangsbestimmung in § 121a Abs. 1 MStV jedoch erst ab dem 27.6.2025 gelten. Sie dienen der Umsetzung europäischen Sekundärrechts und enthalten Vorgaben für Dienste, die den Zugang zu audiovisuellen Diensten ermöglichen.

Der JMStV wurde an die Regeln des JuSchG zur Liste für jugendgefährdende Medien angepasst, die seit dem 1.5.2021 nicht mehr in vier Listenteile unterteilt ist. Verbote und Bußgeldbewehrung des JMStV waren vor der Anpassung durch den Medienänderungsstaatsvertrag praktisch nicht mehr vollziehbar. Durch die Rechtsänderung wurden die Grundlagen für die Durchsetzung des Jugendschutzes im Hinblick auf indizierte Inhalte in den elektronischen Online-Medien wiederhergestellt.

Der BGH hat seine Rechtsprechung zur Influencerwerbung weiterentwickelt. Wenn der Hersteller Influencern die zu besprechenden Produkte unentgeltlich zur Verfügung stellt, liegt darin eine „ähnliche Gegenleistung“ iSd Werbedefinition des § 2 Abs. 2 Nr. 7 MStV. „Eine für geldwerte Vorteile geltende Geringfügigkeitsschwelle sieht § 2 Satz 1 Nr. 5 TMG nicht vor. Demgegenüber ist nach § 2 Abs. 2 Nr. 11 RStV und § 2 Abs. 2 Nr. 12 MStV die kostenlose Bereitstellung von Waren oder Dienstleistungen nur als Produktplatzierung in Sendungen oder nutzergenerierten Videos anzusehen, sofern die betreffende Ware oder Dienstleistung von bedeutendem Wert ist. Für die analoge Anwendung dieser für Produktplatzierung geltenden Geringfügigkeitsschwelle ist im Rahmen des § 6 Abs. 1 TMG jedoch mangels planwidriger Regelungslücke kein Raum.“ (BGH, Urt. v. 13.1.2022 – I ZR 35/21, Rn. 66)

Bayern nutzt die Anpassung des Landesrechts an den Medienstaatsvertrag zu einer BayMG-Novelle. Die wichtigsten Punkte sind der Ausbau der Sicherung der Meinungsvielfalt (Art. 4 BayMG), Änderungen für die Gremienarbeit (Art. 10 und 13 BayMG), eine Publizitätspflicht für geringfügige politische Beteiligungen an Rundfunkanbietern (Art. 24 Abs. 3 BayMG) und eine Neuordnung des Zulassungsregimes (Art. 25–27 BayMG).

Nur mehr bundesweit ausgerichtete Rundfunkangebote sollen nach Art. 25 BayMG zulassungspflichtig sein. Für lokale und regionale Rundfunkangebote sieht Art. 26 der Entwurfsfassung ein qualifiziertes Anzeigeverfahren vor. Im Entwurf des Art. 27 BayMG wird die Zuweisung von Rundfunkübertragungskapazitäten geregelt.

Das Änderungsgesetz (Landtags-Drs. 18/19607) wurde am 25.1.2022 in erster Lesung im Bayerischen Landtag behandelt und in die Ausschussberatungen verwiesen. Mit einem Inkrafttreten vor Beginn der neuen Amtsperiode des Medienrats am 1.5.2022 wird gerechnet.

Der BGH hat sich in mehreren Urteilen v. 21.9.2021 (Az. I ZR 90/20, I ZR 125/20, I ZR 126/20) mit Produktdarstellungen und -bewertungen in Telemedien befasst, die nicht aus Bewegtbildangeboten bestanden und keine rundfunkähnlichen Telemedien waren. Nach den Werbevorschriften des RStV/MStV, die als spezialgesetzliche Marktverhaltensregeln den allgemeinen wettbewerbsrechtlichen Bestimmungen vorgehen, gelten die Kennzeichnungspflichten nach § 58 Abs. 1 RStV (nunmehr § 22 Abs. 1 MStV) nur für Aussagen, die gegen Entgelt verbreitet werden. Bei unentgeltlichen Beiträgen beurteilt sich Schleichwerbung gem. § 5 Abs. 6 UWG nach dem „werblichen Überschuss“ der Darstellungen.

Die Landesmedienanstalten haben ihre übereinstimmenden Satzungen, die sie auf Grundlage des RStV erlassen hatten, überarbeitet und an die Vorschriften des MStV angepasst. Zudem waren weitere Satzungen auf Grund neuer Satzungsermächtigungen erstmals zu erlassen. In mehreren Schritten wurden zahlreiche in allen Ländern übereinstimmende Satzungen in Kraft gesetzt. Nachdem am 15.4.2021 die Werbesatzungen, die Gewinnspielsatzungen sowie die Satzungen über die Zulassungsfreiheit nach § 54 MStV und die Schlichtungsstelle nach § 99 MStV iun Kraft getreten waren, folgten am 1.7.2021 die Satzungen zu europäischen Produktionen und am 1.9.2021 die Public-Value-Satzungen, die alle in Band II des Loseblattkommentars zum BayMG mit MStV und JMStV enthalten sind.

Am 1.7.2021 ist das Gesetz zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder v. 16.6.2021 (BGBl. I S. 1810) in Kraft getreten. Es novelliert vor allem die Vorschriften über den sexuellen Missbrauch von Kindern; die Kinderpornografie in § 184b StGB wird vom Vergehen zum Verbrechen mit einem Strafrahmen von einem bis zu zehn Jahren hochgestuft hat.

Am 1.7.2021 ist der novellierte Glücksspielstaatsvertrag 2021 mit Ausstrahlungswirkung auf das Medienrecht in Kraft getreten. Weiterhin ist Werbung für unerlaubte Glücksspiele ausdrücklich verboten (§ 5 Abs. 7). Das in § 5 Abs. 3 enthaltene Fernseh- und Internetwerbeverbot für erlaubte Glücksspiele wurde auf virtuelle Automatenspiele, Online-Poker und Online-Casinospiele beschränkt und gleichzeitig auf Hörfunk erweitert.

Die Novellierung des Jugendschutzgesetzes durch das Zweite JuSchGÄndG v. 9.4.2021 (BGBl. I S. 742) ist seit dem 1.5.2021 in Kraft. Die bisherige Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien wurde zur Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz ausgebaut, die eine Prüfstelle für jugendgefährdende Medien unterhält. Die Landesmedienanstalten rügen unnötige Doppelstrukturen und ein Staatsfernedefizit.

Das BVerwG hat in einem Revisionsurteil vom 20.04.2021 (Az. 6 C 6.20), ZUM 2021, 736 m. Anm. Gundel die Organzuständigkeit der KJM für Entscheidungen im Rahmen der Verwaltungsvollstreckung verneint. Ausgehend von der Länderzuständigkeit für das Rundfunkwesen spricht das BVerwG die Grenzen der Vergemeinschaftung von Verwaltungsaufgaben an und lehnt eine erweiternde Interpretation der Zuständigkeitsnormen für die zentralen Kommissionen der Landesmedienanstalten ab.

Der BayVerfGH hat in seiner Entscheidung v. 25.2.2021 (Az. Vf 8-VI-19) einer Verfassungsbeschwerde der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) stattgegeben. Er hat bestätigt, dass die BLM Trägerin des Grundrechts der Rundfunkfreiheit aus Art. 111a Abs. 1 S. 1 BV ist und private Anbieter in Bayern Rundfunk nur in der öffentlich-rechtlichen Trägerschaft der BLM betreiben können.

Das 60. Strafrechtsänderungsgesetz v. 30.11.2020 (BGBl. I S. 2600) hat weit reichende Änderungen bei allen Tatbeständen gebracht, die bisher auf das Verbreiten von Schriften abgestellt haben. In § 11 Abs. 3 StGB wurde die „Schrift“ durch den „Inhalt“ abgelöst, der sowohl in verkörperter Form als auch unkörperlich mittels Telekommunikation verbreitet oder zugänglich gemacht werden kann. Am 1.1.2021 sind die Änderungen in Kraft getreten. § 184d StGB zur Erstreckung der Pornografiestrafbarkeit auf Rundfunk und Telemedien wurde aufgehoben; die Strafandrohung für im Rundfunk verbotene einfache Pornografie, auch wenn sie mit Jugendschutzvorkehrungen verbreitet wird, ist entfallen.

Da der Landtag von Mecklenburg-Vorpommern als letztes Bundesland zugestimmt hat, wurde der Medienstaatsvertrag (MStV) mittlerweile in allen Bundesländern von den Landesparlamenten bestätigt. Der neue Staatsvertrag, der am 7.11.2020 in Kraft getreten ist, ersetzt den seit 1991 geltenden Rundfunkstaatsvertrag und enthält konkrete und zukunftsweisende Regelungen für Online-Plattformen und -Dienste, um den tiefgreifenden Veränderungen der Medienwelt durch die Digitalisierung gerecht zu werden.