Was hält die kapitalistische Gesellschaft zusammen? Moralische Normen oder Regeln zweckmäßigen Handelns? Ist das Ganze normative Ordnung oder zweckloses Spiel? Diese Alternative spaltet die kritische Theorie und verhindert einen fruchtbaren Dialog zwischen französischer und deutscher Sozialphilosophie.
Kritische Gesellschaftstheorie ist unmöglich, ohne Vertrauen in die sozialen Praktiken, die sie kritisiert. Ohne zu behaupten, dass jene Praktiken normative Ideale produzieren, anhand derer die Theorie sie kritisieren kann, kann sie ihrem Anspruch, immanente Kritik des Bestehenden zu sein, nicht gerecht werden. Seit Habermas sieht sich Adornos Sozialphilosophie dem Verdacht ausgesetzt, diesem Anspruch nicht gerecht werden zu können. Will man heute noch Adorno zu einem systematisch interessanten Philosophen machen, muss man zeigen können, dass auch für ihn die Philosophie – das „Wahre“ im Ganzen – in konstitutiven sozialen Praktiken zu finden ist. Die Autorin rekonstruiert zunächst die Gesellschaftstheorie Adornos und zeigt dann auf, wie innerhalb einer so verfassten Gesellschaft noch deren Kritik möglich ist.
englischWhat holds capitalist societies together: moral norms or rules of behaviour? Is social totality a normative order or is it a purposeless game? These alternatives divide critical theory and also prevent fruitful dialogue between French and German social philosophy.
Critical social theory is impossible if it does not trust in the social practices it criticises. Without maintaining that such practices produce normative ideals, through which it can then criticise those practices, social theory cannot justify its claim of being able to immanently criticise everything that exists. Since Habermas, many have suspected Adorno’s social philosophy of being unable to justify this claim. If one wants to present Adorno as a significant philosopher today, one has to be able to demonstrate that his philosophy, i.e. the truth in everything, can be found in constitutive social practices. The author of this study first reconstructs Adorno’s social theory and then shows how it can still be used to criticise our society.
