»Gleß' Überlegungen sind die Konsequenz der überzeugenden Kritik an der Konzeption eines "europaweit verkehrsfähigen Beweises" und der gegenseitigen Anerkennung von Beweismitteln, die von der falschen Voraussetzung eines vereinheitlichten Beweisrechts ausgehen und auf die Entwicklung alternativer rechtlicher Rahmenbedingungen verzichten zu können glauben. Gleß schlägt solche rechtlichen Rahmenbedingungen vor, und die gründliche Vorbereitung dieses Vorschlags macht ihn gegen Fundamentalkritik gleichsam immun. Wer, wie der Rezensent, die Prämissen der Verf. teilt, insbesondere ihre Ausgangsthese des Beweisverfahrens als normative Konstruktion prozessualer Wahrheit und ihre Warnung vor der Gefahr des Legitimationsverlustes von Beweisergebnissen aufgrund Beweistransfer, kann die Herausarbeitung materieller Bedingungen für einen zuverlässigen und fairen Beweistransfer nur begrüßen. Dass man über Einzelheiten streiten kann und dass weitere Präzisierungen notwendig sind, versteht sich von selbst, ändert aber nichts an an dem grundlegenden Beitrag, den Gleß zu einemgemeineuropäischen Beweisrecht geleistet hat
Richter am LG Professor Dr. Kai Ambos, Goltdammer's Archiv für Strafrecht 9/08