Die vorliegende Arbeit basiert auf einer qualitativen Interviewstudie mit erwachsenen Männern, die im Kindes- und Jugendalter von katholischen Geistlichen sexuell missbraucht wurden. Ausgehend von der Beobachtung, dass es bei den Betroffenen zu keiner nachhaltigen Distanzierung von der Kirche bzw. den von ihr vermittelten Glaubensvorstellungen kommt, beleuchtet sie aus einer religionssoziologischen Perspektive den tiefgreifenden Einfluss katholischer Prägungen auf die Bewältigung des erlebten Missbrauchs sowie biografischer Konflikterfahrungen im Allgemeinen. Dabei zeigt die Untersuchung, dass die religiösen Verstrickungen spezifische Funktionen im lebensgeschichtlichen Kontext erfüllen: Sie fungieren als Mittel zur Herstellung von Konformität, zur Selbstaufwertung oder zur Entlastung von Handlungsverantwortung. Sie werden somit als (defizitäre) Versuche zur biografischen Problembewältigung fassbar, die eine gelingende Verarbeitung der Missbrauchserfahrungen tendenziell erschweren.
englischThis book is based on a qualitative interview study of adult men who were sexually abused by Catholic clerics as children or adolescents. Starting from the observation that the victims do not consistently distance themselves from the church or Catholic beliefs, the study examines the lasting impact of a religiously shaped background on them coping with the abuse they experienced as well as with general biographical conflicts from a religious and sociological perspective. The book’s empirical findings indicate that the aforementioned religious entanglements fulfil specific functions within the biographical context: they serve as means to generate conformity, to strengthen self-esteem or to relieve oneself of responsibility for one’s actions. Those entanglements and ambivalent institutional affiliations can therefore be understood as (dysfunctional) attempts to cope with biographical issues.