Auch wenn das Bundesverfassungsgericht am Verständnis der Menschenwürde als absolutes Grundrecht festhält, ist es in den vergangenen Jahrzehnten in die Defensive geraten. Es wird zunehmend als irrational oder rechtstheoretisch unmöglich zurückgewiesen. Die Arbeit untersucht die dogmatischen und methodischen Schwierigkeiten, die der Absolutheitsanspruch des Art. 1 Abs. 1 GG aufwirft. Im Zentrum steht dabei die Frage, inwieweit es möglich ist, schwierige Fälle im Anwendungsbereich der Menschenwürde zu bewältigen, ohne eine Abwägung mit widerstreitenden verfassungsrechtlichen Positionen vorzunehmen. Justus Quecke zeigt, dass die Abwägung inhaltliches Wissen über die Menschenwürde voraussetzt, das sie selbst nicht generieren kann. Ausgehend von einer handlungssemantischen Lesart der Menschenwürde schlägt er vor, stattdessen in einfachen Beispielfällen zu denken, um sich von solchen Wertungsankern der Bewältigung schwieriger Menschenwürdefälle zu nähern (Denken in Evidenzzonen).
englischThe German Federal Constitutional Court considers Article 1(1) of the country’s Basic Law to be an inalienable right. Accordingly, the impairment of human dignity cannot be justified by balancing it against other constitutional principles. Legal scholars, however, increasingly reject this understanding of the law as irrational or theoretically impossible. In this volume, Justus Quecke examines the content of these objections and the challenges associated with an absolute understanding of human dignity. He develops an alternative interpretation of human dignity, according to which the semantics of actions determine whether human dignity has been violated. In addition, he shows how ‘reasoning by example’ can operationalise an absolute understanding of Article 1(1) of the Basic Law in difficult cases.