Is there Value in Inconsistency?

Ist Inkonsistenz nicht bloß ein anderes Wort für intellektuelle Unredlichkeit? Inkonsistenz kann auf der Unvollkommenheit der Handelnden beruhen, oder auf dem planvollen Handeln von Einzelnen, die ihren Vorteil suchen. Doch die folgenden Beispiele zeigen, dass Inkonsistenz manchmal wirklich wertvoll ist: in der Natur, in den sozialen Beziehungen, im Recht, ja sogar in der Wissenschaft. Kompromisse sind oft nur möglich, wenn sich ein Beteiligter über seine Prinzipien hinwegsetzt. Rechtsnormen setzen sich oft aus unvereinbaren Elementen zusammen; andernfalls hätten widerstreitende Interessengruppen nicht zu einer Lösung gefunden. Dann kann Konsistenz bestenfalls nachträglich von der Rechtsprechung hergestellt werden. Die fundamentale Relativität normativer Begründungen legt parallele, miteinander nicht vereinbare Gründe für dieselbe Entscheidung nahe. Kohärente Konzepte sind soziale Errungenschaften, die ihre Zeit brauchen. Deshalb ist es nicht ratsam, eine Konzeption schon dann aufzugeben, wenn sie nur in wenigen Fällen widerlegt ist. Je komplexer der Untersuchungsgegenstand, desto eher sieht sich der Wissenschaftler genötigt, widersprechende Deutungen zuzulassen. Die Quantenmechanik hat noch verstörender gewirkt. Eine Erklärung der Beobachtungen war nur möglich, wenn man zugesteht, dass die Natur selbst widersprüchlich ist.